Biostatistiker Molenberghs schätzt, dass 1 Prozent der Belgier mit Corona-Infiziert ist

„Wir werden heute die Schwelle von 10.000 Neuinfizierten pro Tag überschreiten. Der tatsächliche Anteil der Corona-Infizierten liegt wahrscheinlich höher und bei 3 bis 5 Prozent der Bevölkerung", erklärte der mit der UHasselt und KU Leuven verbundene Wissenschaftler.  Virologe Marc Van Ranst begrüßte die neuen einschneidenden Maßnahmen.

Geert Molenberghs wies im VRT-Radio auch darauf hin, dass die Zahl der Krankenhauseinweisungen spektakulär steigt: "In den flämischen Provinzen erreichr die Belastung der Krankenhäuser Spitzen wie im März und April. In den wallonischen Provinzen, insbesondere in Lüttich, liegt die Zahl der Corona-Patienten in den Krankenhäusern inzwischen 4 bis 6 Mal höher als im Frühjahr.“

Deswegen begrüßt Molenberghs die strengeren Vorschriften für Jugendlager sowie für Sport- und Kulturveranstaltungen. „Diese Maßnahmen sind dringend notwendig, denn die Kurven gehen steil nach oben. Wir müssen vermeiden, dass Leute sich in großen Gruppen versammeln.“ Zwar seien die Veranstalter oft gut organisiert, um die Corona-Schutzmaßnahmen zu handhaben, erkennt der Biostatistiker, aber „sie bringen viele Leute auf die Beine. Man bleibt hängen, die Jugendlichen übernachten im Lager und es ergeben sich zahlreiche Kontakte außerhalb der Familie oder Schulklasse."

Reicht das?

„Wir stecken tief in den roten Zahlen. Das betrifft insbesondere die Wallonie. Im europäischen Vergleich liegt Belgien auf dem zweiten Platz der Corona-Infektionen. Die Wende muss jetzt dringend eintreten“, sagte der Biostatistiker im VRT-Fernsehen. Wenn die Kurve in den nächsten Tagen nicht umknickt, müssten weitere Maßnahmen getroffen werden. Am wichtigsten sei es, seine Kontakte, auch im Familien- und Freundeskreis einzuschränken.

Zeigen die neuen Maßnahmen keinerlei Wirkung, wird ein neuer Lockdown unvermeidlich, meint Molenberghs. Nicht, dass auch wieder Schulen und Geschäfte schließen müssten wie im März und April. Aber die Infektionslage kann sich derart verschlimmern, dass gewisse Dinge nicht mehr zu organisieren sind. Der Biostatistiker verweist nach den Schulen in der Wallonie, wo viele Unterrichte wegen infizierter Lehrkräfte und Schüler und Schülerinnen unter Quarantäne ausfallen müssen.

Virologe Van Ranst: "Es hätte nie so weit kommen dürfen."

Kris Van Exel / Photo News

Auch Van Ranst hofft, dass die neuen Corona-Auflagen wirken und begreift die Enttäuschung der Sportler, Kulturschaffenden und Gaststättenbetreiber. „Wir hätten es nie so weit kommen lassen dürfen.“

Viele Länder hätten diese zweite Welle vermeiden können, aber Belgien hätte das nicht geschafft. „Ein Fehler aus der Vergangenheit“, schlussfolgert Van Ranst, weswegen diese Sektoren jetzt wieder einschneidende Maßnahmen zu verkraften hätten.

Der Virologe befürchtet auch, dass die neue Teststrategie, der zufolge Menschen ohne Symptome nicht mehr getestet werden sollen, die Zahlen verzerren wird: „Dann hat man nur noch die Zahl der Krankenhausaufnahmen, aber diese Indikatoren kommen reichlich spät und erst nach dem Infektionsschub."

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