Wirtschaftsmeldungen: Von Konkursen, Entlassungen, Ausverkauf und einer seltsamen Aussage eines Bankers

Die Corona-Gesundheitskrise ist auch eine Wirtschaftskrise und diese hat teilweise weitreichende Folgen auch für die belgische Volkswirtschaft. Davon zeugen Konkurse, gestrichene Stellen, ein aus der Not heraus verlängerter Winterschlussverkauf und andere Entwicklungen. Ein Bankchef hat dazu seine eigenen Ansichten, mit denen er für einen Sturm der Entrüstung sorgte.

Leerstehende Immobilien unterstreichen die Not

Die Zahl der leerstehenden Gewerbeimmobilien, sprich Geschäftslokale, Büros, Kneipen und Restaurants, Anlaufstellen für Dienstleistungsunternehmen und andere, liegt derzeit nach Angaben des Beratungsunternehmens Locatus bei rund 24.000 Gebäuden. Doch die Corona-Gesundheits- und Wirtschaftskrise mit ihren von den Regierungen in Belgien erlassenen Maßnahmen könnte diese Zahl bis zum Jahresende 2021 auf bis zu 27.000 Immobilien ansteigen lassen. Und auf lange Sicht hin, Locatus führt hier 18 Monate an, könnten weitere 20.000 Unternehmen schließen, Konkurs anmelden oder zumindest ihre Adresse ändern und ihren Standort verlagern. 

Verlängerter Winterschlussverkauf

Die belgische Bundesregierung hat in der vergangenen Woche den Winterschlussverkauf um zwei Wochen verlängert. Das bedeutet, dass die Einzelhändler ihre Waren noch bis zum 14. Februar zu günstigeren Preisen anbieten dürfen. Das kommt den meisten Einzelhändlern gelegen, denn sie haben ihre Lager noch voll, da die beiden Lockdowns im vergangenen Jahr die Zahl der Käufer deutlich verringert haben. Da kommen zwei weitere Wochen WSV für die Schnäppchenjäger gerade recht und der Einzelhandel in Belgien kann vielleicht einen kleinen Teil der allgemeinen Umsatzverluste mit weiteren Preisnachlässen noch wettmachen.

Festivalveranstalter meldet Konkurs an

Zu dem großen Verlierern der Wirtschaftskrise durch Corona gehört auch die Kultur. Vor allem Veranstalter von kleineren Events müssen klein beigeben, denn sie haben keine großen Reserven, da sie 2020 alles absagen mussten. Dadurch wird es für einige immer schwerer, für dieses Jahr etwas auf die Beine zu stellen. Jetzt traf es die Veranstalter von „Blues Peer“, ein traditionsreiches Bluesfestival in Peer in der flämischen Provinz Limburg. Die Veranstalter-E.V. hinter dem Festival meldete jetzt Konkurs beim Handelsgericht an und ein Kurator soll schauen, wie es weitergehen kann.

Steven Matheï (CD&V), der Bürgermeister von Peer, hofft, dass das Festival in Zukunft in seiner Stadt noch stattfinden kann: „Dieses Festival ist seit über 30 Jahren unzertrennlich mit unserer Stadt verbunden und es hat Peer eine internationale Ausstrahlung verliehen. Ich hoffe weiter, dass das Bluesfestival auf die eine oder andere Art und Weise weiter in Peer stattfinden kann.“ 

Das Bosch-Werk in Tienen halbiert die Belegschaft

Letzte Woche hat die Direktion des Bosch-Werks in Tienen in Flämisch-Brabant der Belegschaft mitgeteilt, dass rund 400 der insgesamt 863 Stellen dort gestrichen werden. Im Zuge einer Umstrukturierung wird die Produktion von Scheibenwischern für die Automobilindustrie nach Serbien verlegt wird, also in ein osteuropäisches Billiglohnland. Auch die Autoindustrie leidet unter der Coronakrise, was sich auch bei den Zulieferern zeigt. In Tienen werden die Stellen von 242 Arbeitern und 158 Angestellten gestrichen. Bosch will am Standort Tienen nur noch auf innovative Produkte, die automatisch hergestellt werden, setzen. Schon 2014 wurden hier rund 300 Jobs gestrichen.

Belfius-CEO Marc Raisière bringt die Gastronomen gegen sich auf

Marc Raisière, CEO der belgischen Bank Belfius, sorgte in den vergangenen Tagen mit einer besonders kontroversen Aussage für einen Aufschrei unter Gastronomen und Politikern. In einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Trends/Tendances stellte er die Frage, ob es nicht vielleicht zu viele Cafés und Restaurants in Belgien gebe. Diese seien sicher ohne Schwarzarbeit nicht alle rentabel. Die Gastronomie ist auch hier in Belgien von der Coronakrise schwer getroffen und auch der Belfius-Manager erwartet hier eine Pleitewelle. Doch, so seine Ansicht, brauche eine Volkswirtschaft manchmal eine solche „Marktbereinigung“…

Nicht nur bei den schwer gebeutelten Gastronomen sorgte dies für einen Aufschrei, sondern auch in den Reihen der Politiker. Hier wird z.B. gefordert, Raisière vor den Parlamentsausschuss für wirtschaftliche Angelegenheiten zu zitieren. Dazu muss man wissen, dass die Belfius-Bank zu 100 % dem belgischen Staat gehört. Diese rettete die Bank vor einigen Jahren im Zuge der allgemeinen Banken- und Weltwirtschaftskrise mit Steuergeldern vor dem Konkurs und Raisière wird aus Steuermitteln entlohnt. Seinen Vertrag verlängerte die belgische Bundesregierung übrigens erst letzte Woche um 4 weitere Jahre. Und nicht zuletzt arbeiten auch viele Gastronomen mit Geschäftskonten und Krediten bei Belfius. 

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