Andreas Kockartz

"La Prévoyence Sociale", Geschichte in einem geschichtsträchtigen Gebäude

Der ehemalige Sitz der Versicherung “La Prévoyence Sociale” im Brüsseler Stadtteil Anderlecht, ganz in der Nähe des dortigen Süd/Midi-Bahnhofs, ist in jeder Hinsicht ein besonderes Gebäude. Das 1911 von dem Architekten Richard Pringier im Art Nouveau-Stil  gebaute Bürohaus, das 1930 von Fernand und Maxime Brunfaut umgebaut wurde, wird seit einigen Jahren vom „Dokumentationszentrum für Krieg und zeitgenössische Gesellschaft“ (CEGES-SOMA) genutzt, steht seit 1993 unter Denkmalschutz und wurde im gleichen Jahr renoviert. 

Neben dem „Dokumentationszentrum für Krieg und zeitgenössische Gesellschaft“ (CEGE-SOMA) hat in diesem Gebäude auch die Anlaufstelle für Kriegsopfer, eine belgische Bundesbehörde, hier ihren Sitz. Gebaut wurde “La Prévoyence Sociale” 1911 von dem Architekten Richard Pringier, ein Mitarbeiter von Victor Horta. Pringier errichtete für die Versicherungsgesellschaft ein Gebäude im Art Nouveau-Stil. 1930 bekamen Fernand und Maxime Brunfaut den Auftrag, dieses Gebäude umzubauen und zu erweitern. In den Jahren 1931 bis 1932 bauten sie einen Anbau in Art Deco und auch die Innenarchitektur, die die beiden Architekten entwarfen, sind in Art Deco gehalten.

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Andreas Kockartz

An der Fassade des altehrwürdigen Gebäudes veränderten die beiden Architekten nichts wesentliches. Sie nutzten das klassische Art Nouveau-Aussehen des Gebäudes quasi als Rahmen für ihre damals neuzeitlichen Anpassungen und Umbauten. Einige Balkone stammen von ihnen und auch die gläserne Kuppel auf dem Dach. Im Inneren aber tobten sie sich mit Marmor, Beton und Chrom sowie mit auf das wesentliche reduzierten Formen etwas aus. Vater und Sohn Brunfaut sorgten auch für die Dekoration im Inneren und für die Möbel. Bis heute zieht dieses Eckhaus die Blicke auf sich und die beiden unterschiedlichen Baustile zeigen ein unvergleichliches Gebäude, das auch im architekturverwöhnten Brüssel seinesgleichen sucht. 

Neue Aufgaben

Das „Centre d’études et de Documentation Guerre et Société contemporaine“ (CEGE) oder „Studie- en Documentatiecentrum Oorlog en Hedendaagse Maatschappij“ (SOMA) ist ein Forschungsinstitut der belgischen Bundesregierung und widmet sich der Erforschung der Kriege und Konflikte im 20. Jahrhundert und den Folgen davon für das eigene Land. Es wurde 1967 gegründet, zunächst zur Erforschung der Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf Belgien.

1997 wurde der Aufgabenbereich auf den aktuellen Umfang erweitert und die Anlaufstelle für Kriegsopfer wurde angegliedert. Das Institut sammelt und archiviert Dokumente, betreibt und fördert Forschungen und organisiert akademische und öffentliche Aktivitäten zu den genannten Themen. Die Sammlungen können in diesem historisch wertvollen Art Nouveau- und Art Deco-Gebäude konsultiert werden - vieles ist inzwischen auch online einsehbar. Kleines Detail: Interessant ist auch, dass seit 2012 in diesem Zentrum über den Verein „Österreichischer Auslandsdienst“ hier ein Gedenkdienst abgeleistet werden kann.

CEGE-SOMA, 29 Square de l'Aviation/Luchtvaartsquare, 1070 Anderlecht (Brüssel). Weitere Infos: www.cegesoma.be

"La Prévoyence Sociale"
Andreas Kockartz

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