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Belgien rechnet mit No Deal-Szenario beim Brexit und bereitet sich darauf vor

Die Michel-Regierung ist zwar eine geschäftsführende, doch hat Premier Charles Michel (MR) seinen Ministern den Auftrag gegeben, Belgien auf ein No Deal-Szenario beim Brexit vorzubereiten. An diesem Dienstag treffen sich die Kabinettschefs der Minister, um letzte Einzelheiten für ein Ausnahmegesetz festzulegen, das dann vom Parlament verabschiedet werden muss.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit für alle, die gut vorbereitet sein wollen, wenn denn der Brexit tatsächlich kommt. An diesem Dienstagabend stimmt das britische Unterhaus über den mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag ab. Erwartet wird, dass Premier Theresa May, die den Deal über einen geordneten Austritt mit der EU aushandelte, keine Mehrheit bekommt. Das kann dazu führen, dass am 29. März ein chaotischer Brexit folgt.

Das hätte für Belgien weitgehende Folgen, weiß die Zeitung De Tijd zu bereichten. Das Vereinigte Königreich ist der viertwichtigste Handelspartner von Belgien. Belgischen Unternehmen würden Zolltarife, Kontrollen und Handelshemmnisse drohen. Man denke nur an die vielen Zollpapiere, die erneut ausgefüllt werden müssten und das mit Präzision, eine zeitraubende Angelegenheit. Unternehmen, die ins Vereinigte Königreich exportieren, müssten  Berechnungen der Nationalbank zufolge 1,6 Milliarden Euro an zusätzlichen Zollabgaben bezahlen.

Um diesen Schock abzufedern, arbeitet Belgien derzeit an einem Notreglement. Das soll, sobald Belgien zur Außengrenze der EU wird, einen möglichst weichen Übergang garantieren, heißt es in Regierungskreisen. Zusätzliche Zollbeamte sollen eingestellt werden, so dass Unternehmen, die mit Lkw ins Vereinigte Königreich exportieren, lange Wartezeiten vermeiden.

Ferner ist der Plan, 115 zusätzliche Personen bei der belgischen Agentur für Nahrungsmittelsicherheit anzustellen. Alle Güter und Tiere, die aus dem Vereinigten Königreich kommen oder dorthin geliefert werden, werden zusätzlichen Kontrollen unterzogen. Auch besteht die Gefahr, dass dann viel Nahrungsmittel länger an der Grenze stehen wird und verdirbt. Schon allein deshalb seien zusätzliche Kontrolleure nötig.

Eigentlich darf eine geschäftsführende Regierung keine zusätzlichen Einstellungen vornehmen, aber die austretende Regierung versucht, dies trotzdem möglich zu machen. Weiter will die Regierung sicher sein, dass die sozialen Rechte der Belgier, die im Vereinigten Königreich wohnen, garantiert sind. „Wir müssen sicher sein, dass sie ihre Rente noch bekommen”, werden Regierungskreise in der Zeitung De Tijd zitiert.

Außerdem muss sich Belgien um die Eurostar-Verbindung kümmern. “Auch hier brauchen wir Sicherheit.“ Eurostar ist ein britisches Unternehmen und muss im Prinzip eine neue Lizenz erwerben, um in Belgien fahren zu dürfen.

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