"Vivaldi": Justizminister Koen Geens (CD&V) wird nicht mehr Minister - Regierungserklärung im EU-Parlament

Bundesjustiz- und Vizepremier Koen Geens (Foto) von den flämischen Christdemokraten CD&V hat am Freitag angekündigt, der zukünftigen belgischen Regierung nicht mehr angehören zu wollen. Der 62-Jährige gab zu verstehen, dass er Platz für jüngere und neue Leute machen will. Der gelernte Jurist war zeitweise sogar als neuer Premierminister gehandelt worden, doch jetzt wird er wieder als einfacher Abgeordneter ins Parlament einziehen. Kommt es tatsächlich am 1. Oktober zu einer Regierungserklärung, dann wird diese nicht im belgischen Bundesparlament, sondern Platz- und Corona-bedingt im Europäischen Parlament stattfinden.

Damit übernimmt er den Parlamentssitz des aktuellen Jung-CD&V-Vorsitzenden Sammy Mahdy, dessen Nachrücker, als Geens Justizminister wurde. Mahdy wird übrigens als Kandidat für ein Ministeramt in der sogenannten „Vivaldi“-Koalition aus Sozialisten, Liberalen, Grünen und CD&V gehandelt.

Innerhalb der flämischen Christdemokraten scheint es aber derzeit zu rumoren, denn eher konservative Kräfte, in erster Linie aus den Reihen von CD&V-Bürgermeistern, sind der Ansicht, dass ihre Partei nichts in einer Regierung aus sonst nur progressiven Parteien zu suchen habe. Geens hingegen vertritt weiter die Ansicht, dass die CD&V Regierungsverantwortung übernehmen müsse und steht loyal voll und ganz hinter dem „Vivaldi“-Projekt, wie er dazu sagte.

Verhandlungen auf Hochtouren und unter Zeitdruck

Inzwischen laufen die Verhandlungen zur Regierungs- und Koalitionsbildung 490 Tage nach den Parlamentswahlen im Mai 2019 auf vollen Touren. Nach einigen Querelen in den vergangenen Tagen und Wochen geht es jetzt in Richtung Ziellinie. Am 28. September müssen die beiden Regierungsbildner Alexander De Croo von den flämischen Liberalen Open VLD und Paul Magnette von den frankophonen Sozialisten PS König Philippe Bericht erstatten und die Deadline für die Einsetzung einer Regierung ist der 1. Oktober.

An diesem Freitag wird darüber gesprochen, wie Belgien wirtschaftlich aus der Corona-Gesundheitskrise gesteuert werden soll und in diesem Zusammenhang steht auch das Pflege- und Gesundheitswesen auf der Tagesordnung. Aber auch Themen, wie Verteidigung, Renten und eine eventuelle weitere Stufe der Staatsreform stehen zur Debatte. Für die Verhandlungspartner kündigt sich ein arbeitsreiches Wochenende an.

Regierungserklärung im EU-Parlament?

Wenn es tatsächlich zu einer erfolgreichen Regierungsbildung in Belgien kommt, dann soll es am 1. Oktober zur traditionellen Regierungserklärung kommen. Doch dafür ist die Erste Kammer im belgischen Bundesparlament zur Wahrung der Corona-Abstandsregeln zu klein.

Schließlich müssen alle Abgeordneten dabei zugegen sein. Aus diesem Grunde haben sich die belgischen Behörden mit den Verantwortlichen des EU-Parlaments in Brüssel darauf einigen können, dass diese Regierungserklärung eben dort stattfinden kann. Aus Platz- und Corona-Gründen scheint dies eine logische Initiative zu sein, wie die beiden anschließenden Fotos der Kammer und des EU-Plenums zeigen.

Die Erste Kammer im belgischen Parlament ist das Abgeordnetenhaus
Alexander Dumarey
Das Plenum des EU-Parlaments
fotografie peter Hilz (C)

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